Donnerstag, 22. Januar 2015

Der große Trip - Wild (2014)

Der große Trip - Wild ist die Adaption des New-York-Times-Bestsellers von Cheryl Strayed, in dem sie von ihrem gewaltigen Selbstfindungstrip berichtet, verfilmt vom Regisseur des letztjährigen Hits Dallas Buyers Club. Schafft der zweifach Oscar-nominierte Film es, an große Filme seines Genres, wie Into the Wild, heranzukommen?

Der große Trip - Wild

Originaltitel: Wild
Produktionsland: USA
Veröffentlichungsjahr: 2014
Regie:Jean-Marc Vallée
Haupt-Darsteller: Reese Witherspoon, Laura Dern, Kevin Rankin, Gaby Hoffmann
Altersfreigabe: FSK 12
Laufzeit: 116 Minuten
Kurzbeschreibung: Der große Trip – Wild ist die Verfilmung der gleichnamigen Memoiren von Cheryl Strayed, die darin ihren Gewaltmarsch von über 1000 Meilen auf dem Pacific Crest Trail schildert. (Quelle: Moviepilot.de)


Kritik:

Cheryl Strayed (Reese Witherspoon) hat beschlossen alles hinter sich zu lassen, und den PCT, den Pacific Crest Trail zu laufen. Das ist ein Wanderweg entlang der amerikanischen Westküste, der sich am ehesten mit dem Jakobsweg in Europa vergleichen lässt, auf dem jedes Jahr Leute ihre Pilgerreise antreten. Cheryls Motivationen sind weniger religiös, als dass sie einfach eine Auszeit braucht, eine Auszeit aus einem Leben, in dem sie viel mitmachen musste, und in dem sie oft Menschen enttäuscht hat, oder von ihnen enttäuscht wurde. Wegen all diesen Dingen nimmt sie den 1600 Kilometer langen Marsch auf sich, kämpft sich durch dürre Wüsten und eiskalte Schneeregionen, und versucht mit ihrer Vergangenheit klarzukommen.

Jean-Marc Vallée schickt uns in Der große Trip - Wild auf eine Reise durch die wunderschöne Natur der USA. Mit einer tollen Kameraarbeit werden hier fantastische Einstellungen von Landschaften gezeigt und der Film versetzt einen in ein cooles Roadtrip-Feeling bei dem man am liebsten selbst gleich aus dem Fenster springen möchte und einfach loslaufen will. Diese Bilder werden vermischt mit einem sehr empfindsamen Soundtrack, zusammengestellt aus vielen ruhigeren Liedern, die eine melancholische und schön einsame Atmosphäre kreieren.

Diese wird immer wieder unterbrochen, die Stille für kurze Zeit zerrissen, durch Flashbacks aus Cheryls Vergangenheit. Manchmal bestehen diese Rückblicke aus kurzen schnipselartigen Szenen, ohne jede Erklärung, manchmal sind sie länger und sollen uns verdeutlichen, warum sie gerade so handelt, wie sie es tut, bzw. woran unsere Protagonistin gerade denkt. Diese Rückblenden wirken am Anfang erfrischend und sogar ergreifend, werden allerdings im Verlauf des Films leider ein bisschen zu oft eingesetzt, und anstatt Bilder wirken zu lassen, zerstören sie in manchen Momenten fast schon die dichte Stimmung.

Nichtsdestotrotz bleibt die Handlung stets spannend und wenig vorhersehbar, sogar wirklich authentisch an vielen Stellen, was natürlich auch dem Drehbuch zu verdanken ist, das auf Cheryl Strayeds wahrer Geschichte beruht. Die Zuschauer bekommen eine sympathische Figur mit all ihren Fehlern und Schwächen zu sehen, die sich ein Ziel setzt, das bemerkens- und bewundernswert zugleich ist. Viele Mono- und Dialoge sind stark geschrieben und wirken in großen Teilen vollkommen unaufgesetzt und realistisch, schaffen es sich sogar festzusetzen und sich hervorzuheben im Kontext des Kampfes mit und der Suche nach sich selbst.

Reese Witherspoon ist in Bestform, und obwohl sie schon als bekannte Schauspielerin gilt, und man ihren Namen sicher mindestens einmal gehört hat, hatte sie lange keinen guten Film mehr, mit dem sie so stark auf sich aufmerksam machen konnte. Ihr letzter Film, in dem sie ihre ansehnliche Schauspielkunst in Beweis stellte, war Walk the Line, für den sie auch ihren Oscar gewann, doch das ist schon 9 Jahre her. In Wild zeigt sie, dass sie die Kraft hat, diesen Film auf ihre eigenen Schultern zu stemmen und ihn zu tragen - symbolisch gesehen wie ihren Rucksack im Film. Dafür hat sie zurecht ihre Oscarnominierung als "Beste Hauptdarstellerin" bekommen, auch wenn es gegen Rosamund Pike (in Gone Girl) ein schweres Rennen um die Trophäe wird. Laura Derns Nominierung als "Beste Nebendarstellerin" schlägt nebenbei doch etwas auf den Magen, so strengt sich Dern zwar an in dem Film zu gefallen, doch wirkt sie an einigen Stellen zu sehr fehl am Platz, als dass sie dafür eine Nominierung verdient hätte.

In der End-Bewertung kommt man leider nicht drum herum Der große Trip - Wild mit dem fantastischen Aussteiger-Film Into the Wild von Sean Penn zu vergleichen. Wo Letzterer auch eine fabelhafte Atmosphäre erzeugt steht Wild dem, vor allem in den beiden ersten Dritteln des Films, in nichts nach, nein, verbindet die Wanderung sogar noch mehr und deutlicher mit der Vergangenheit des Protagonisten. Dafür schafft er es leider nicht den Spannungsbogen bis zum Ende oben zu halten, und während man auf ein schönes Finale wartet, enttäuscht der Film dann doch etwas mit einem sehr raschen und fast schon überhastet wirkenden Ende, an dem man wirklich noch mehr hätte machen können.

Reese Witherspoon glänzt im biografischen Abenteuerfilm Der große Trip - Wild wie selten zuvor und liefert eine aufopferungsvolle Performance ab, für die sie ihre Oscar-Nominierung sehr wohl verdient hat. Der Film schafft es trotz starker Konkurrenz sich einen Platz im Roadtrip-Fimgenre zu sichern und eine tolle Mixtur aus atemberaubenden Bildern und emotionaler Geschichte herzustellen. Für alle Fans von einsamen Landschaften und Selbstfindungstrips ist Wild ein Muss, und auch wenn der Film gegen Ende leider etwas den Faden verliert, bleibt er auf jeden Fall sehenswert.

Wertung: 7/10

"Born to be Wild" ist: Maxim Braun




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